Unter dem juristischen Begriff „Trunkenheit im Verkehr“ versteht man das Führen eines Fahrzeugs unter Alkoholeinfluss bei eingeschränkter oder aufgehobener Fahrtüchtigkeit. Der Straftatbestand ist in § 316 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt und gilt als eine der häufigsten Ursachen für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU).
Wesentlich dabei ist: Es genügt nicht, dass jemand lediglich Alkohol konsumiert hat. Vielmehr muss die Fahrtüchtigkeit durch den Konsum so weit beeinträchtigt gewesen sein, dass eine konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit bestand – sei es durch Ausfallerscheinungen, ein unsicheres Fahrverhalten oder einfach nur die Überschreitung gesetzlich definierter Promillegrenzen.
Die Vorschrift schützt damit das öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs und stellt das Verhalten unter Strafe, das mit Alkoholgenuss vorsätzlich oder fahrlässig erfolgt und potenziell Menschenleben oder bedeutende Sachwerte gefährdet.
Gesetzlicher Hintergrund: § 316 StGB
Der Wortlaut von § 316 StGB lautet:
„Wer im Verkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“
Wichtig: Der Tatbestand ist erfüllt, auch wenn es nicht zu einem Unfall oder einer konkreten Gefährdung kommt. Es genügt bereits der Nachweis der absoluten Fahruntüchtigkeit (i. d. R. ab 1,1 Promille) oder eine relative Fahruntüchtigkeit mit Ausfallerscheinungen (z. B. Schlangenlinienfahren, zu spätes Bremsen, Rotlichtverstoß).
Wer den Tatbestand erfüllt, muss nicht nur mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe rechnen, sondern in der Regel auch mit:
- dem Entzug der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB)
- einer Sperrfrist für die Neuerteilung
- der Anordnung einer MPU
Die wichtigsten Promillegrenzen im Überblick
Für die strafrechtliche und verwaltungsrechtliche Bewertung gelten in Deutschland verschiedene Promillegrenzen:
- 0,3 Promille: Bereits ab diesem Wert kann eine relative Fahruntüchtigkeit vorliegen – wenn Ausfallerscheinungen hinzukommen.
- 0,5 Promille: Ab dieser Grenze liegt eine Ordnungswidrigkeit vor – auch ohne Fahrfehler.
- 1,1 Promille: Ab diesem Wert gilt der Fahrer als absolut fahruntüchtig – unabhängig vom Fahrverhalten.
- 1,6 Promille: Ab hier ist die Anordnung einer MPU verpflichtend, selbst wenn keine weiteren Auffälligkeiten bestehen.
In der Praxis ist insbesondere die 1,6-Promille-Grenze entscheidend, da sie eine automatische medizinisch-psychologische Untersuchung erforderlich macht, um die Fahreignung nachzuweisen – selbst dann, wenn die Trunkenheitsfahrt keine weiteren Konsequenzen hatte.
Bedeutung für die MPU
Wer wegen Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB verurteilt wurde oder mit mehr als 1,6 Promille im Straßenverkehr aufgefallen ist, muss zur MPU – und zwar nicht nur als Formsache, sondern als umfassende Eignungsüberprüfung.
Im MPU-Verfahren geht es darum zu klären:
- Wie kam es zum Vorfall?
- Wie sah das Trinkverhalten vorher aus – und wie sieht es heute aus?
- Wurde die Problematik erkannt und aufgearbeitet?
- Gab es eine Verhaltensänderung – z. B. durch Abstinenz oder kontrolliertes Trinken?
- Wie wird künftig sichergestellt, dass sich der Vorfall nicht wiederholt?
Die MPU verlangt in solchen Fällen meist einen Abstinenznachweis über sechs bis zwölf Monate, forensisch dokumentiert durch EtG-Tests im Urin oder Haaranalyse. Ergänzend dazu ist eine tiefgehende psychologische Auseinandersetzung mit dem eigenen Trinkverhalten erforderlich.
Strafrechtliche und verwaltungsrechtliche Folgen
Wer wegen Trunkenheit im Verkehr verurteilt wird, muss mit folgenden Konsequenzen rechnen:
- Strafrechtlich: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe (oft zur Bewährung ausgesetzt), Eintrag ins Führungszeugnis
- Verwaltungsrechtlich: Entzug der Fahrerlaubnis, ggf. Sperrfrist von mehreren Monaten
- Verkehrsrechtlich: Punkte im Fahreignungsregister (FAER), ggf. zusätzliche Maßnahmen wie Aufbauseminar
- MPU: Medizinisch-psychologische Untersuchung mit möglichen Auflagen (z. B. Abstinenznachweise, verkehrspsychologische Beratung)
Das Ziel der MPU ist es zu prüfen, ob die betroffene Person ihre Alkoholproblematik erkannt, bearbeitet und dauerhaft unter Kontrolle hat. Nur wer das überzeugend darlegen kann – durch Verhalten, Nachweise und ein reflektiertes psychologisches Gespräch –, erhält den Führerschein zurück.
Anforderungen im MPU-Gespräch
Im psychologischen Teil der MPU werden folgende Themen vertieft behandelt:
- Trinkgewohnheiten vor dem Vorfall
- Anlass und Umstände der Trunkenheitsfahrt
- Verständnis für die Gefährdung anderer
- Motivation zur Veränderung des Trinkverhaltens
- Maßnahmen zur Rückfallvermeidung (z. B. Abstinenz, Beratung, Lebensstiländerung)
Wer die Tat verharmlost, sich auf Ausreden beruft („War eine Ausnahme“) oder keine nachvollziehbare Veränderung zeigt, riskiert ein negatives Gutachten. Besonders kritisch sind Bagatellisierungen, fehlende Einsicht oder unvollständige Abstinenznachweise.
Rolle der Abstinenznachweise
Ein wesentlicher Teil der MPU bei Trunkenheit im Verkehr ist der Alkoholabstinenznachweis – insbesondere, wenn der Gutachter Hinweise auf missbräuchlichen oder abhängigen Konsum erkennt. Hierfür gelten die CTU-Kriterien, die forensisch gesicherte Nachweise verlangen. Typischerweise:
- 4 EtG-Urinkontrollen innerhalb von 6 Monaten
- oder 2 EtG-Haaranalysen bei 3 cm Haarlänge (6 Monate)
- bei zwölfmonatiger Abstinenz: 6 Urinkontrollen oder 4 Haaranalysen
Der Nachweis muss lückenlos, manipulationssicher und frühzeitig begonnen werden – denn ohne diesen wird die MPU in der Regel negativ ausfallen.
Fazit
Die Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB ist kein Kavaliersdelikt – sie ist eine strafbare Handlung mit erheblichen verkehrsrechtlichen Folgen. Wer mit Alkohol am Steuer erwischt wird – insbesondere bei hohen Promillewerten – verliert nicht nur seinen Führerschein, sondern muss auch umfassend nachweisen, dass er sein Trinkverhalten dauerhaft und glaubhaft verändert hat. Die MPU ist dabei das zentrale Instrument zur Überprüfung der Fahreignung. Wer sich professionell vorbereitet, ehrlich reflektiert und die nötigen Nachweise führt, hat gute Chancen, das Gutachten erfolgreich zu bestehen und den Führerschein zurückzuerhalten – aber ohne Verhaltensänderung bleibt die Tür verschlossen.