Ein Trinktagebuch ist ein schriftliches Protokoll, in dem Betroffene über einen längeren Zeitraum hinweg ihren Alkoholkonsum detailliert dokumentieren. Im Rahmen der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) spielt das Trinktagebuch eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, kontrolliertes Trinken nachzuweisen – also einen bewussten und dauerhaft risikofreien Umgang mit Alkohol glaubhaft darzustellen.
Das Trinktagebuch dient dabei nicht nur als Übersicht über Mengen und Häufigkeit des Konsums, sondern soll auch eine bewusste Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhalten fördern. Es geht um mehr als Zahlen: Es geht um die Frage, wann, warum und in welcher Situation konsumiert wird, wie dabei auf soziale, emotionale oder körperliche Reize reagiert wird – und welche Konsequenzen dies nach sich zieht.
Wann wird ein Trinktagebuch in der MPU verlangt?
Ein Trinktagebuch ist insbesondere dann relevant, wenn im Rahmen der MPU keine vollständige Abstinenz, sondern ein kontrolliertes Trinkverhalten angestrebt wird. Das kann zum Beispiel bei Personen der Fall sein, die früher riskant konsumiert, aber nicht abhängig waren – und die nun zeigen wollen, dass sie ihren Konsum dauerhaft im Griff haben.
Häufig fordern MPU-Gutachter die Vorlage eines Trinktagebuchs bei:
- auffälligem Alkoholkonsum unterhalb der 1,6-Promille-Grenze
- einer Vorgeschichte mit Alkoholmissbrauch, jedoch ohne Abhängigkeit
- Personen, die kontrolliertes Trinken als Ziel gewählt haben (statt Abstinenz)
- Unsicherheiten in der Beurteilung der Alkoholproblematik
Wichtig: Wer im Vorfeld einer MPU kontrolliertes Trinken als Strategie wählt, muss frühzeitig mit dem Führen des Trinktagebuchs beginnen – und sollte sich idealerweise psychologisch begleiten lassen.
Inhalte eines Trinktagebuchs
Ein korrekt geführtes Trinktagebuch enthält nicht nur die bloßen Trinkmengen, sondern auch qualitative Angaben. Folgende Informationen sollten regelmäßig festgehalten werden:
- Datum und Uhrzeit jedes Alkoholkonsums
- Art des Getränks (z. B. Bier, Wein, Schnaps)
- Konsumierte Menge in Millilitern oder Gramm Alkohol
- Anlass oder Situation des Konsums
- Emotionale Verfassung (z. B. Stress, Freude, Langeweile)
- Reaktion auf den Konsum (z. B. Verträglichkeit, Reue, Konsequenzen)
Ziel ist es, Selbsterkenntnis zu fördern und die Trinkmuster transparent zu machen. Das Trinktagebuch wird dabei nicht für andere geschrieben, sondern vor allem für sich selbst – als Übung in Ehrlichkeit, Disziplin und Reflexion.
Juristische und medizinische Bedeutung
Aus juristischer Sicht ist das Trinktagebuch kein offizielles Beweismittel, kann aber im Rahmen der MPU-Begutachtung maßgeblich zur positiven Einschätzung der Fahreignung beitragen – vor allem in Kombination mit ärztlichen Stellungnahmen, verhaltenspsychologischer Beratung und ggf. Leberwerten.
Nach den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (herausgegeben von der Bundesanstalt für Straßenwesen – BASt) muss bei Alkoholmissbrauch ohne Abhängigkeit eine Stabilisierung des Trinkverhaltens über mindestens sechs Monate glaubhaft nachgewiesen werden. Das Trinktagebuch kann hier ein zentraler Bestandteil sein.
Rechtlicher Rahmen
Die Grundlage bildet § 11 FeV (Fahrerlaubnis-Verordnung), wonach die Fahrerlaubnisbehörde zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis eine MPU verlangen kann, wenn Zweifel an der Eignung bestehen – etwa wegen Alkoholverstößen. Ein Trinktagebuch unterstützt in diesem Kontext die Argumentation, dass eine Verhaltensänderung erfolgt ist, auch wenn keine Abstinenz nachgewiesen wird.
Rolle in der MPU-Vorbereitung
Im psychologischen Gespräch während der MPU stellt das Trinktagebuch oft eine glaubwürdige und nachvollziehbare Grundlage dar, um die Entwicklung des eigenen Konsumverhaltens zu schildern. Es erleichtert die Beantwortung zentraler Fragen wie:
- Wie hat sich Ihr Trinkverhalten verändert?
- Was trinken Sie heute – und wie oft?
- Was ist Ihre persönliche Grenze?
- Wie gehen Sie mit Trinkdruck um?
- Welche Strategien haben Sie entwickelt, um Rückfälle zu vermeiden?
Ein unvollständiges oder geschöntes Trinktagebuch wird vom Gutachter in der Regel als wenig aussagekräftig gewertet. Wer hingegen authentisch, reflektiert und kontinuierlich dokumentiert, kann damit einen wichtigen Baustein für ein positives MPU-Gutachten liefern.
Einordnung in die Alkoholhypothesen (A1–A4)
Im Rahmen der MPU wird das Trinktagebuch nur bei bestimmten Hypothesen zur Fahreignung akzeptiert:
A1 – Alkoholabhängigkeit:
Hier ist eine vollständige Abstinenz über mindestens 12 Monate notwendig, belegt durch Urin- oder Haaranalysen. Ein Trinktagebuch ist nicht ausreichend und wird nicht zur Wiederherstellung der Fahreignung anerkannt.
A2 – Alkoholmissbrauch:
Auch in diesem Fall ist in der Regel eine belegte Abstinenz erforderlich, meist über 12 Monate. Das Trinktagebuch wird nicht anerkannt, da die Rückfallgefahr als zu hoch gilt.
A3 – riskantes, aber nicht missbräuchliches Trinkverhalten:
Hier kann ein kontrolliertes Trinken ausreichend sein – vorausgesetzt, es wird über mindestens sechs Monate durch ein Trinktagebuch, psychologische Begleitung und ggf. Leberwerte glaubhaft dokumentiert.
A4 – kein Hinweis auf problematisches Trinkverhalten:
Ein Trinktagebuch ist hier nicht zwingend, kann aber zur Entlastung beitragen, insbesondere bei punktuellen Auffälligkeiten oder zur Stützung eines glaubwürdigen Konsumverhaltens.
Tipps zur Führung eines Trinktagebuchs
Ein gutes Trinktagebuch ist:
- ehrlich (auch kleinere Ausrutscher oder Regelverstöße sollten dokumentiert werden)
- tagesaktuell (nicht nachträglich ausgefüllt)
- übersichtlich (z. B. in Tabellenform oder strukturierten Einträgen)
- reflektiert (nicht nur Zahlen, sondern auch Gedanken und Gefühle eintragen)
- vorzeigbar (handschriftlich oder digital, sauber dokumentiert)
In vielen Fällen arbeiten MPU-Berater oder Verkehrspsychologen mit standardisierten Formularen oder digitalen Vorlagen, die den Prozess erleichtern.
Trinktagebuch vs. Abstinenznachweis
Es ist wichtig zu verstehen, dass ein Trinktagebuch kein Ersatz für einen forensischen Abstinenznachweis ist. Während letzterer durch EtG-Tests oder Haaranalysen objektiv belegt, dass kein Alkohol konsumiert wurde, zeigt das Trinktagebuch, dass bewusst, kontrolliert und verantwortungsvoll konsumiert wird.
Bei Betroffenen mit Alkoholabhängigkeit ist ein Trinktagebuch nicht ausreichend – hier ist eine vollständige und nachgewiesene Abstinenz über mindestens zwölf Monate erforderlich. Nur bei früherem Missbrauch ohne Abhängigkeit und einer nachvollziehbaren Verhaltensänderung kann kontrolliertes Trinken eine akzeptierte Strategie sein.
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Fazit
Das Trinktagebuch ist ein hilfreiches Werkzeug im Rahmen der MPU-Vorbereitung – sowohl zur Selbstreflexion als auch zur Dokumentation einer glaubhaften Verhaltensänderung. Wer sich entschieden hat, nicht ganz auf Alkohol zu verzichten, sondern kontrolliert zu trinken, muss sein Verhalten nachvollziehbar belegen können. Ein korrekt und gewissenhaft geführtes Trinktagebuch ist dabei ein zentrales Instrument.
Allerdings ersetzt es keine forensisch gesicherten Abstinenznachweise, wenn diese durch die Vorgeschichte erforderlich sind. In jedem Fall empfiehlt sich eine professionelle MPU-Beratung, um die beste Strategie festzulegen – und um sicherzustellen, dass das Trinktagebuch den Anforderungen der Begutachtungsstellen entspricht.