Der MCV-Wert (Abkürzung für Mean Corpuscular Volume) beschreibt das durchschnittliche Volumen der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und wird im Rahmen eines Blutbilds gemessen. Er gibt also an, wie groß die Erythrozyten im Mittel sind, gemessen in Femtolitern (fl). Normalerweise liegt der MCV-Wert bei gesunden Erwachsenen zwischen 80 und 96 fl.
Ein erhöhter oder erniedrigter MCV-Wert kann auf verschiedene Erkrankungen oder Mangelzustände hinweisen – insbesondere aber auch auf chronischen Alkoholkonsum. Aus diesem Grund wird der MCV-Wert im Rahmen der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) häufig mit erhoben, insbesondere bei Alkoholverstößen oder Verdacht auf Alkoholmissbrauch.
Warum ist der MCV-Wert in der MPU relevant?
Indirekter Alkoholmarker
Ein erhöhter MCV-Wert kann auf eine Vergrößerung der roten Blutkörperchen hinweisen, ein Phänomen, das häufig bei chronischem Alkoholmissbrauch auftritt. Alkohol beeinflusst die Zellreifung im Knochenmark und führt dazu, dass unreife, größere Erythrozyten ins Blut gelangen. Diese Veränderung bleibt auch dann noch über Wochen sichtbar, wenn der Konsum bereits eingestellt wurde.
Daher nutzen MPU-Gutachter den MCV-Wert als einen von mehreren biochemischen Hinweisen auf anhaltenden oder kürzlich beendeten Alkoholkonsum – insbesondere, wenn die betroffene Person angibt, abstinent zu leben.
Kombination mit anderen Werten
Allein genommen ist der MCV-Wert nicht beweiskräftig. Doch in Kombination mit anderen Laborwerten – etwa:
- Gamma-GT (GGT)
- GPT (ALT) / GOT (AST)
- CDT (Carbohydrate-Deficient Transferrin)
kann er ein Gesamtbild ergeben, das entweder für oder gegen eine stabile Abstinenz spricht. Besonders wenn der MCV-Wert erhöht ist, aber keine medizinisch nachvollziehbare Erklärung vorliegt (z. B. Vitamin-B12-Mangel, Lebererkrankung, Schilddrüsenunterfunktion), wird im Gutachten kritisch hinterfragt, ob die Alkoholabstinenz tatsächlich eingehalten wurde.
Wie lange bleibt der MCV-Wert erhöht?
Die Halbwertszeit von roten Blutkörperchen beträgt etwa 120 Tage. Das bedeutet: Ein einmal erhöhter MCV-Wert normalisiert sich erst nach mehreren Wochen oder Monaten, sofern die Ursache (z. B. Alkohol) abgestellt wird. Wer also kürzlich mit dem Trinken aufgehört hat, kann noch lange nach dem letzten Glas auffällige Werte haben – und muss diese im Rahmen der MPU plausibel erklären können.
Daher gilt: Wer plant, eine MPU mit Alkoholfragestellung zu absolvieren, sollte mindestens 6–8 Wochen vor der Untersuchung vollständig abstinent leben, um eine Normalisierung des MCV-Werts zu ermöglichen.
Welche Ursachen kann ein erhöhter MCV-Wert noch haben?
Nicht jeder erhöhte MCV-Wert ist automatisch auf Alkohol zurückzuführen. Weitere mögliche Ursachen sind:
- Vitamin-B12- oder Folsäuremangel
- Lebererkrankungen
- Schilddrüsenunterfunktion
- bestimmte Bluterkrankungen (z. B. myelodysplastische Syndrome)
- selten: genetisch bedingte Zellveränderungen
Wer bereits weiß, dass ein erhöhter MCV-Wert vorliegt, sollte unbedingt eine differenzierte ärztliche Abklärung veranlassen und ggf. eine fachärztliche Stellungnahme für die MPU mitbringen. Ansonsten besteht das Risiko, dass der Wert als Hinweis auf verdeckten Alkoholkonsum gewertet wird.
Rolle des MCV-Werts im MPU-Gutachten
Was erwartet der Gutachter?
In der MPU wird der MCV-Wert als Teil der medizinischen Blutuntersuchung routinemäßig erhoben – besonders bei einer Alkoholfragestellung. Der Gutachter beurteilt den Wert im Zusammenhang mit:
- Anamnese (Krankengeschichte)
- weiteren Laborwerten
- Angaben zum Trinkverhalten
- ggf. vorhandenen Abstinenznachweisen
Ein isoliert erhöhter MCV-Wert ohne weitere Auffälligkeiten kann medizinisch erklärbar sein. Ist er jedoch kombiniert mit anderen auffälligen Werten (z. B. CDT oder GGT), ergibt sich schnell ein Bild, das gegen eine vollständige Abstinenz spricht – was das MPU-Gutachten gefährden kann.
Kann der MCV-Wert manipuliert werden?
Nein – der MCV-Wert lässt sich nicht kurzfristig beeinflussen oder manipulieren. Auch Fastenkuren, Sport oder Flüssigkeitszufuhr ändern nichts an der Erythrozytenstruktur. Wer langfristig getrunken hat, wird dies über veränderte Blutzellenstruktur zeigen – und der Wert bleibt lange nachweisbar. Daher ist es nicht möglich, sich mit kurzfristigem Konsumverzicht „sauber zu tricksen“.
Einzige Ausnahmen: Erkrankungen oder Mangelzustände, die ärztlich diagnostiziert und belegt wurden. In solchen Fällen muss eine detaillierte medizinische Begründung vorliegen.
Fazit
Der MCV-Wert ist ein sensibler, langfristig nachweisbarer Hinweis auf chronischen Alkoholkonsum und gehört bei Alkohol-MPUs zu den Standardwerten der medizinischen Blutuntersuchung. Ein erhöhter Wert kann im Einzelfall durch andere Ursachen erklärt werden, ist aber immer ein Warnsignal für den MPU-Gutachter. Wer eine positive Begutachtung anstrebt, sollte auf eine vollständige Normalisierung des Wertes achten – durch rechtzeitige Abstinenz, eine ärztliche Klärung möglicher Ursachen und ggf. eine professionelle MPU-Vorbereitung, um Auffälligkeiten überzeugend zu erklären.