Leberwerte sind medizinische Laborparameter, die Rückschlüsse auf die Funktionsfähigkeit und mögliche Schädigungen der Leber erlauben. Sie werden im Blut gemessen und gehören zu den wichtigsten diagnostischen Hilfsmitteln, wenn es um Alkoholkonsum, Stoffwechselbelastung oder toxische Einflüsse geht. Im Zusammenhang mit der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) spielen Leberwerte eine zentrale Rolle – insbesondere bei Alkoholverstößen oder der Frage, ob jemand alkoholabhängig ist oder war.
Die bekanntesten Leberwerte sind:
- Gamma-GT (GGT)
- GPT (ALT)
- GOT (AST)
- CDT (Carbohydrate-Deficient Transferrin) – ein spezieller Alkoholmarker
Diese Werte geben – jeweils für sich oder im Zusammenspiel – Hinweise darauf, ob ein schädlicher Alkoholkonsum vorliegt, ob eine Abstinenz glaubhaft ist oder ob möglicherweise eine Lebererkrankung besteht.
Warum sind Leberwerte bei der MPU relevant?
Indirekter Nachweis von Alkoholkonsum
Im MPU-Verfahren wird nicht nur auf akuten Alkoholspiegel geprüft, sondern auf Hinweise für einen chronischen oder riskanten Konsum. Leberwerte wie Gamma-GT, GPT und CDT sind dabei besonders relevant, weil sie bei regelmäßigem oder übermäßigem Alkoholkonsum typischerweise ansteigen. Sie gelten als biochemische Indikatoren, die Aufschluss über mögliche Substanzbelastung geben – auch dann, wenn der Betroffene aktuell nüchtern zur Untersuchung erscheint.
Der Gutachter nutzt die Leberwerte daher als ergänzendes Mittel zur Einschätzung, ob eine Alkoholabstinenz glaubhaft ist oder ob es Hinweise auf ein fortbestehendes Konsumverhalten gibt.
Teil der medizinischen Untersuchung
Bei einer MPU mit Alkoholfragestellung gehört eine Blutuntersuchung mit Leberwerten zum Standard. Die Werte fließen direkt in die Beurteilung der Fahreignung ein – auch dann, wenn die psychologische Einschätzung positiv ist. Auffällige Leberwerte können das Gesamtgutachten negativ beeinflussen oder sogar zur Ablehnung führen, wenn sie im Widerspruch zu angeblicher Abstinenz oder kontrolliertem Trinken stehen.
Die wichtigsten Leberwerte im Überblick
Gamma-GT (GGT)
GGT ist einer der empfindlichsten Marker für Alkoholbelastung. Er steigt bei regelmäßigem Alkoholkonsum oft schon vor anderen Werten an und fällt auch langsamer wieder ab. Auch Medikamente, Leberentzündungen und Fettleber können den GGT-Wert beeinflussen – deshalb wird er immer im Kontext beurteilt.
GPT (ALT) und GOT (AST)
Diese Enzyme sind klassische Leberwerte, die bei Schädigung der Leberzellen in die Blutbahn gelangen. Erhöhte Werte können auf Alkoholmissbrauch, Hepatitis, Leberverfettung oder toxische Belastungen hindeuten. In der MPU wird auch das De-Ritis-Verhältnis (AST/ALT) berücksichtigt, das Hinweise auf die Ursache der Schädigung gibt.
CDT (Carbohydrate-Deficient Transferrin)
CDT ist ein spezifischer Marker für chronischen Alkoholkonsum. Er steigt bei regelmäßigem Konsum von mehr als 60 g Alkohol pro Tag an (etwa 1,5 Liter Bier oder 0,6 Liter Wein). CDT ist besonders wichtig bei der Frage, ob die behauptete Abstinenz oder das kontrollierte Trinken biologisch plausibel ist. Ein zu hoher CDT-Wert kann ein positives MPU-Gutachten verhindern.
Wie lange sind Leberwerte auffällig?
Die Normalisierung der Leberwerte nach dem letzten Alkoholkonsum dauert unterschiedlich lange:
- GGT: 2–4 Wochen bei kurzfristigem Verzicht
- GPT/GOT: 1–2 Wochen, wenn keine Leberschädigung vorliegt
- CDT: Normalisierung frühestens nach 2–3 Wochen – oft länger bei chronischem Konsum
Wer also eine MPU mit Alkoholfragestellung anstrebt, sollte mindestens 6–8 Wochen abstinent leben, bevor Leberwerte im Labor verlässlich unauffällig werden. Noch besser ist es, die Abstinenz über einen längeren Zeitraum labordokumentiert nachzuweisen – z. B. mit EtG-Haaranalysen oder forensischen Urinscreenings.
Können Leberwerte allein zur Beurteilung herangezogen werden?
Leberwerte sind kein alleiniger Beweis für Alkoholmissbrauch oder Abstinenz. Sie dienen als Hinweisgeber, die mit den Angaben des Betroffenen, dem psychologischen Eindruck und ggf. toxikologischen Nachweisen abgeglichen werden. Ein einzelner leicht erhöhter Wert führt nicht automatisch zur MPU oder zum negativen Gutachten – aber er kann Zweifel an der Glaubwürdigkeit wecken.
Widersprüche zwischen:
- eigenen Angaben („Ich trinke gar nicht mehr“)
- auffälligen Leberwerten
- fehlenden Abstinenznachweisen
führen häufig dazu, dass die Fahreignung nicht bestätigt wird.
Was tun bei auffälligen Leberwerten?
Wer weiß, dass seine Leberwerte auffällig sind oder waren, sollte sich frühzeitig untersuchen und beraten lassen. Ein Hausarzt oder Facharzt für Innere Medizin kann klären, ob die Werte alkoholbedingt oder anderweitig erhöht sind. Wichtig ist:
- Ursachen dokumentieren und fachärztlich bestätigen
- ggf. Zusatzbefunde (z. B. Sonografie, Hepatitis-Serologie) einholen
- klare Abstinenz einhalten, um Normalisierung zu erreichen
- professionelle MPU-Beratung in Anspruch nehmen, um alle Aspekte stimmig darzustellen
Wer alle medizinischen Fakten kennt und transparent in der MPU damit umgeht, erhöht seine Erfolgschancen erheblich.
Rolle der Leberwerte bei kontrolliertem Trinken
Auch beim Konzept des kontrollierten Trinkens werden Leberwerte herangezogen, um zu prüfen, ob das angegebene Konsumverhalten plausibel ist. Wer z. B. behauptet, nur gelegentlich ein Glas Wein zu trinken, gleichzeitig aber einen erhöhten CDT-Wert aufweist, muss mit kritischen Nachfragen rechnen. Die Leberwerte müssen in jedem Fall mit der Konsumdarstellung übereinstimmen – sonst zweifelt der Gutachter an der Einsicht und Glaubwürdigkeit.
Fazit
Leberwerte liefern wertvolle medizinische Hinweise auf Substanzkonsum oder gesundheitliche Beeinträchtigungen und sind ein entscheidender Bestandteil vieler MPU-Gutachten – besonders bei Alkohol- oder Drogenfragestellungen. Wer seine Leberwerte im Blick hat, frühzeitig auf Abstinenz umstellt und ärztliche Unterstützung nutzt, schafft eine wichtige Grundlage für ein positives Gutachten – und den Weg zurück zur Fahrerlaubnis. Eine kompetente MPU-Beratung kann helfen, medizinische Werte richtig einzuordnen und im Gesamtkontext stimmig darzustellen.