Kurs nach § 70 FeV

Einleitung: Was bedeutet ein Kurs nach § 70 FeV?

Wer im Rahmen der MPU ein sogenanntes eingeschränkt positives Gutachten erhält, stößt häufig auf die Formulierung: „Die Fahreignung ist unter der Auflage gegeben, dass innerhalb einer bestimmten Frist ein Kurs nach § 70 FeV erfolgreich absolviert wird.“ Doch was genau ist damit gemeint?

Der Kurs nach § 70 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) ist eine spezielle, verkehrstherapeutisch orientierte Nachschulungsmaßnahme, die ausschließlich von amtlich anerkannten Trägern durchgeführt werden darf. Ziel ist es, Personen mit risikobehafteter Vorgeschichte – etwa wegen Alkohol- oder Drogenverstößen im Straßenverkehr – dabei zu unterstützen, ihr Verhalten langfristig zu stabilisieren und erneute Auffälligkeiten zu vermeiden.

Dieser Kurs stellt somit eine zusätzliche Sicherungsmaßnahme dar: Er wird nicht statt einer MPU verordnet, sondern nach einer bestandenen MPU mit Auflagen – als Ergänzung, um eine Rückfallgefahr weiter zu reduzieren.

Rechtlicher Hintergrund: § 70 FeV im Wortlaut

Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 70 FeV, genauer gesagt unter dem Titel „Anerkennung und Anforderungen an Kurse zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung“. Dort heißt es sinngemäß:

Wenn bei einem Kraftfahrer nach der MPU eine eingeschränkte Fahreignung vorliegt, kann eine Fahrerlaubnis unter der Auflage erteilt werden, dass er innerhalb einer festgelegten Frist an einem verkehrspsychologisch betreuten Kurs zur Förderung der Kraftfahreignung teilnimmt.

Der Kurs selbst ist damit gesetzlich vorgeschrieben, wenn die Begutachtungsstelle in ihrer Empfehlung diese Auflage formuliert – und verbindlich für die Erteilung oder den Erhalt der Fahrerlaubnis.

Wann wird ein Kurs nach § 70 FeV angeordnet?

Ein Kurs nach § 70 FeV wird nicht in allen MPU-Verfahren notwendig. Er kommt insbesondere in folgenden Fällen zur Anwendung:

  • wenn das MPU-Gutachten eine eingeschränkte, aber nicht vollumfängliche Eignung feststellt
  • wenn eine gewisse Rückfallgefahr weiterhin besteht, aber durch zusätzliche Stabilisierung kontrollierbar erscheint
  • bei Wiederholungstätern, die zwar Einsicht gezeigt haben, aber noch weitere Unterstützung benötigen
  • bei erster MPU nach schwerwiegender Drogen- oder Alkoholdelinquenz, mit deutlichem Veränderungsbedarf
  • wenn das Verhalten im psychologischen Gespräch zwar grundsätzlich reflektiert wirkt, aber Schwachstellen bei der Rückfallprophylaxe oder Motivation erkennbar sind

In solchen Fällen gibt der Gutachter eine Empfehlung ab: Die Fahreignung sei bedingt gegeben, vorausgesetzt, die betreffende Person absolviert einen verkehrstherapeutischen Kurs. Diese Empfehlung übernimmt die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel als Auflage – und macht die Wiedererteilung oder dauerhafte Gültigkeit der Fahrerlaubnis von der Teilnahme abhängig.

Was ist das Ziel eines § 70-Kurses?

Ziel des Kurses ist es, durch eine strukturierte, psychologisch angeleitete Auseinandersetzung mit dem früheren Verhalten das Rückfallrisiko zu minimieren, das Verantwortungsbewusstsein im Straßenverkehr zu stärken, eine langfristige Verhaltensänderung zu fördern und die Stabilisierung der Fahreignung abzusichern.

Im Gegensatz zu einer bloßen Informationsveranstaltung handelt es sich hierbei um eine verhaltensorientierte Maßnahme – mit klarer Zielsetzung, strukturierter Reflexion und konkreten Übungen zur Rückfallprophylaxe.

Der Kurs ist keine Prüfung im klassischen Sinn, sondern eine Art Trainingsprogramm für mehr Sicherheit, Selbstkontrolle und Bewusstheit im Straßenverkehr.

Inhalte und Ablauf: Was erwartet mich im Kurs?

Ein Kurs nach § 70 FeV besteht aus mehreren Bausteinen, die individuell angepasst werden, aber nach festgelegten Standards durchgeführt werden müssen. Der Gesamtumfang beträgt in der Regel zwischen 4 und 8 Sitzungen, wobei Einzel- oder Gruppensettings möglich sind.

Typische Themen im Kurs sind die Analyse der eigenen Verstöße, Einsicht und Verantwortung, Risikofaktoren im Alltag, Strategien zur Rückfallvermeidung, Entwicklung persönlicher Schutzfaktoren und der Transfer dieser Erkenntnisse in den Führungsalltag im Straßenverkehr.

Die Inhalte werden durch Rollenspiele, Reflexionsübungen, Gruppeninteraktionen und konkrete Veränderungspläne erarbeitet. Die Leitung übernehmen speziell fortgebildete Verkehrspsychologen, die nach den Vorgaben der BASt zertifiziert sind.

Wer bietet § 70-Kurse an?

Nicht jede MPU-Stelle oder Beratungsstelle darf solche Kurse durchführen. Nur Anbieter, die von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) offiziell anerkannt und gelistet sind, dürfen § 70-Kurse anbieten.

Diese Anbieter müssen nachweisen, dass sie über fachlich qualifiziertes Personal mit verkehrspsychologischer Zusatzqualifikation verfügen, methodisch standardisiert arbeiten und regelmäßig evaluiert werden.

Ein vollständiges Verzeichnis findet sich auf der Webseite der BASt oder über die zuständigen Fahrerlaubnisbehörden. Es empfiehlt sich, frühzeitig nach einem Termin zu suchen, da Plätze begrenzt und Kurse nicht flächendeckend verfügbar sind.

Kosten eines Kurses nach § 70 FeV

Die Kosten variieren je nach Anbieter, Gruppengröße und Umfang des Kurses, liegen aber meist zwischen 400 und 800 Euro. Manche Anbieter bieten Ratenzahlung oder individuelle Zahlungsmodalitäten an. Die Kursgebühr muss in der Regel vor Beginn vollständig beglichen werden.

Die Kosten sind vom Betroffenen selbst zu tragen – es gibt keine staatliche Kostenübernahme. Im Vergleich zu einer negativ verlaufenen MPU oder zu einer Fahrerlaubnisentziehung ist der Kurs jedoch eine überschaubare Investition mit hohem Nutzen.

Was passiert nach dem Kurs?

Nach erfolgreicher Teilnahme wird eine Teilnahmebescheinigung ausgestellt, die alle relevanten Informationen enthält: Kursdauer, Inhalte, Zielerreichung und eine Empfehlung. Diese Bescheinigung muss bei der Fahrerlaubnisbehörde innerhalb der gesetzten Frist vorgelegt werden.

Wird der Kurs nicht rechtzeitig absolviert, kann die Fahrerlaubnis wieder entzogen oder die Neuerteilung verweigert werden. Es handelt sich also nicht um eine unverbindliche Empfehlung, sondern um eine rechtsverbindliche Auflage.

Was bringt mir ein § 70-Kurs wirklich?

Neben der formalen Notwendigkeit hat ein Kurs nach § 70 FeV für viele Betroffene einen tatsächlichen Mehrwert. Er hilft dabei, das eigene Verhalten im Straßenverkehr dauerhaft zu verändern, stärkt das Selbstbewusstsein im Umgang mit Verantwortung, vermittelt konkrete Werkzeuge zur Risikovermeidung und Selbststeuerung, bietet die Chance, in der Gruppe von anderen zu lernen, und erhöht die Chance, den Führerschein dauerhaft zu behalten – gerade bei Zweifeln.

Viele Teilnehmer berichten nach dem Kurs, dass sie nicht nur für die MPU, sondern fürs Leben gelernt haben.

Fazit

Ein Kurs nach § 70 FeV ist eine verkehrstherapeutisch fundierte Maßnahme zur Stabilisierung der Fahreignung. Er wird von der Fahrerlaubnisbehörde angeordnet, wenn die MPU eine bedingt positive Prognose ergeben hat. Der Kurs ist gesetzlich geregelt, inhaltlich strukturiert und wird von speziell qualifizierten Fachkräften durchgeführt. Er bietet nicht nur die rechtliche Grundlage für die Wiedererteilung oder den Erhalt der Fahrerlaubnis, sondern vermittelt auch wertvolle Kompetenzen für einen verantwortungsvollen, sicheren und selbstbestimmten Umgang mit dem Straßenverkehr.

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Wer eine MPU hinter sich hat und zu einem Kurs nach § 70 FeV aufgefordert wird, sollte das nicht als Strafe verstehen – sondern als Chance. Eine Chance, aus alten Fehlern zu lernen, neue Wege zu gehen und mit gestärkter Haltung zurück ans Steuer zu finden.

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