Kokain ist ein stark psychoaktives Stimulans, das aus den Blättern des südamerikanischen Coca-Strauchs gewonnen wird. In seiner konsumfähigen Form tritt es meist als weißes Pulver (Kokainhydrochlorid) oder in kristalliner Form (Crack) auf. Es wirkt auf das zentrale Nervensystem und führt kurzfristig zu gesteigerter Wachheit, Euphorie, Selbstüberschätzung und einem ausgeprägten Aktivitätsdrang. Diese Wirkungen gehen mit einer hohen psychischen Abhängigkeit einher, besonders bei regelmäßigem Konsum.
Kokain steht in Deutschland unter dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und ist illegal. Besitz, Erwerb und Konsum sind strafbar. Besonders im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr entfaltet Kokain eine erhebliche rechtliche und medizinische Relevanz – insbesondere im Rahmen der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU).
Wirkung von Kokain auf die Fahrtüchtigkeit
Kokain beeinflusst die kognitive Leistungsfähigkeit und das Reaktionsverhalten erheblich. Es führt zunächst zu erhöhter Wachheit und Selbstvertrauen, verengt jedoch das Risikobewusstsein und steigert die Impulsivität. Unter dem Einfluss von Kokain überschätzen sich viele Fahrer, reagieren unkontrolliert und treffen riskante Entscheidungen. Hinzu kommen physiologische Effekte wie Herzrasen, Pupillenerweiterung, Schlaflosigkeit und Reizbarkeit.
Nach dem „High“ folgt ein „Crash“: Müdigkeit, Depression, Reizbarkeit und verlangsamte Reaktion sind typische Folgen. Die Fahrtüchtigkeit ist in beiden Phasen massiv eingeschränkt – unabhängig davon, ob noch ein akuter Wirkstoffnachweis vorliegt oder nicht.
Nachweisbarkeit von Kokain
Substanzen und Abbauprodukte
Im toxikologischen Labor wird bei der MPU nicht nur nach reinem Kokain gesucht, sondern vor allem nach Benzoylecgonin, dem Hauptabbauprodukt. Dieses bleibt deutlich länger im Körper nachweisbar als das reine Kokain und ist damit besonders relevant für die medizinische Beurteilung.
Nachweiszeiten
- Kokain im Blut: wenige Stunden
- Benzoylecgonin im Urin: bis zu 3 Tage nach Einmalkonsum, bei regelmäßigem Konsum bis zu 10 Tage
- Haarnachweis: bis zu 3–6 Monate, je nach Haarlänge und Konsumintensität
Wichtig: Auch passiver Kontakt mit Kokain (z. B. in Clubs) kann geringe Mengen verursachen – reicht aber nicht für forensische Nachweise. Entscheidend ist der Cut-off-Wert, der nach CTU-Kriterien standardisiert ist und nur signifikanten Konsum erfasst.
MPU wegen Kokain
Wann wird eine MPU angeordnet?
Eine MPU wegen Kokainkonsums wird immer dann angeordnet, wenn die Fahrerlaubnisbehörde Zweifel an der Fahreignung hat – das ist insbesondere bei folgenden Konstellationen der Fall:
- aktive Verkehrsteilnahme unter Einfluss von Kokain
- positiver Drogentest im Rahmen einer Verkehrskontrolle
- wiederholter Konsum oder Besitz von Kokain – auch ohne Bezug zum Straßenverkehr
- auffällige Kombination von Drogen und Alkohol
- Hinweise auf Kokainmissbrauch oder Abhängigkeit
Bereits eine einmalige Auffälligkeit kann zur MPU führen – auch wenn kein Unfall oder direkter Einfluss nachgewiesen wurde. Das liegt daran, dass Kokain als besonders gefährlich gilt und eine klare Trennung zwischen Konsum und Fahren meist schwer nachweisbar ist.
Anforderungen in der MPU
Die MPU bei Kokain folgt einem strengen Raster: Der Gutachter prüft, ob die betroffene Person den Konsum dauerhaft beendet hat, eine Verhaltensänderung stattgefunden hat und ob die Gefahr eines Rückfalls ausgeschlossen werden kann. Dabei sind folgende Punkte besonders relevant:
- glaubhafte und vollständige Abstinenz
- Nachweise über mindestens 12 Monate Drogenfreiheit (Urin oder Haare)
- fundierte Aufarbeitung der Konsummotive
- stabile psychosoziale Verhältnisse (Arbeit, Umfeld, Stressverarbeitung)
- Einsicht in die Gefahren des früheren Verhaltens
Ein Abstinenznachweis ist nach den CTU-Kriterien zu führen: zertifiziertes Labor, forensisch gesicherte Probenentnahme, lückenlose Dokumentation.
Abstinenznachweis bei Kokain
Urinkontrollen
In der Regel sind 6 Urinproben über 12 Monate erforderlich. Die Termine erfolgen unangekündigt – wer nicht erscheint oder sich entschuldigt, riskiert den Abbruch des Nachweises. Die Tests müssen in einem akkreditierten forensischen Labor erfolgen, das nach CTU-Kriterien arbeitet.
Haaranalysen
Alternativ kann die Abstinenz auch über Haaranalysen erfolgen – maximal 6 cm Haarlänge entsprechen 6 Monaten Abstinenznachweis. Für einen 12-Monats-Nachweis müssen also zwei Haaranalysen mit je 6 cm oder vier mit je 3 cm Haarlänge vorgelegt werden. Achtung: Haare dürfen nicht chemisch behandelt (z. B. blondiert, gebleicht) sein, sonst wird die Probe verworfen.
Psychologische Aufarbeitung
Im psychologischen Teil der MPU wird nicht nur nach „wann“ und „wie viel“ gefragt – sondern vor allem nach dem „warum“. Wer wegen Kokain zur MPU muss, sollte glaubhaft und reflektiert erklären können:
- Was waren die Auslöser und Motive für den Konsum?
- Welche Rolle spielte das soziale Umfeld, Freizeit, Arbeit oder psychische Belastung?
- Was hat sich seit dem Verzicht verändert – innerlich wie äußerlich?
- Wie wird mit Versuchungen umgegangen – z. B. bei Feiern, Stress, alten Kontakten?
- Warum ist ein Rückfall unwahrscheinlich?
Eine professionelle MPU-Beratung kann helfen, diese Fragen systematisch vorzubereiten und eine überzeugende persönliche Veränderung nachvollziehbar darzustellen.
Folgen einer positiven Haar- oder Urinprobe
Ein einziger positiver Befund während des Nachweisprogramms führt in der Regel dazu, dass der Zeitraum nicht anerkannt wird – das bedeutet: Der gesamte Abstinenznachweis muss neu begonnen werden. Auch Manipulationsversuche (z. B. gefärbte Haare, „versäumte Termine“) werden negativ gewertet. Wer das Verfahren strategisch plant und ehrlich angeht, erspart sich Zeit, Geld und Rückschläge.
Wiedererlangung der Fahrerlaubnis nach Kokain
Nach Ablauf der Sperrfrist kann der Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis gestellt werden – allerdings nur mit einem positiven MPU-Gutachten, in dem die Fahreignung vollständig bestätigt wird. In der Regel ist das nur dann möglich, wenn:
- ein vollständiger, lückenloser Abstinenznachweis vorliegt
- keine weiteren Drogen oder Alkohol konsumiert wurden
- die psychologische Aufarbeitung schlüssig und glaubhaft ist
- das gesamte Lebensumfeld stabil wirkt
Bei Rückfällen oder bei fehlender Einsicht lehnt die Begutachtungsstelle die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ab. Dann verlängert sich der gesamte Prozess oft um ein weiteres Jahr oder mehr.
Fazit
Kokain ist eine der gefährlichsten Substanzen im Straßenverkehr – und eine der häufigsten Ursachen für eine MPU mit Drogenfragestellung. Die Nachweisbarkeit ist relativ lang, die Anforderungen an Abstinenz und Verhaltensänderung hoch. Wer einmal auffällig wurde, muss seine komplette Lebensweise und Haltung zum Konsum überprüfen. Eine strukturierte MPU-Vorbereitung, ein klarer Abstinenznachweis und ehrliche Reflexion sind die Schlüssel, um den Führerschein dauerhaft zurückzuerhalten – und langfristig verantwortungsvoll am Straßenverkehr teilnehmen zu können.