Grenzwerte in der MPU

Was bedeutet „Grenzwert“ im Kontext der MPU?

Im Rahmen der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) spielen sogenannte Grenzwerte eine zentrale Rolle. Sie legen fest, ab welcher Konzentration einer Substanz im Körper (z. B. Alkohol, Drogen oder Medikamentenwirkstoffe) ein medizinisch oder rechtlich relevanter Einfluss vorliegt – etwa auf das Fahrverhalten, die Reaktionsfähigkeit oder die Verkehrssicherheit.

Grenzwerte werden dabei in zwei wesentlichen Kontexten unterschieden:

  • Rechtliche Grenzwerte: Z. B. Promillegrenzen für Alkohol oder festgelegte Nachweiswerte für Drogen im Straßenverkehr (z. B. THC, Amphetamine).
  • Analytische Grenzwerte: Sogenannte Cut-Off-Werte im Rahmen von forensisch gesicherten Abstinenzkontrollen, die entscheiden, ob eine Probe als „positiv“ oder „negativ“ gewertet wird.

In der MPU dienen Grenzwerte also nicht nur zur Beurteilung der Fahreignung, sondern auch zur Bewertung von Abstinenznachweisen, Haaranalysen und Urinscreenings. Sie sind damit ein wesentlicher Bestandteil jedes fundierten Gutachtens – sowohl auf medizinischer als auch auf juristisch-praktischer Ebene.

Rechtliche Grenzwerte im Straßenverkehr

Einige Grenzwerte sind in Deutschland gesetzlich definiert und gelten allgemein für alle Verkehrsteilnehmer. Sie sind Grundlage für Ordnungswidrigkeiten, Straftaten und verwaltungsrechtliche Maßnahmen, wie z. B. die Entziehung der Fahrerlaubnis oder die Anordnung einer MPU.

Alkohol

Die bekanntesten Grenzwerte betreffen Alkohol im Blut:

  • 0,3 Promille: Relative Fahruntüchtigkeit – nur bei Ausfallerscheinungen (z. B. auffälliges Fahrverhalten) relevant.
  • 0,5 Promille: Ordnungswidrigkeit – unabhängig vom Fahrverhalten (§ 24a StVG).
  • ab 1,1 Promille: Absolute Fahruntüchtigkeit – auch ohne Ausfallerscheinungen eine Straftat (§ 316 StGB).
  • ab 1,6 Promille: Automatische Anordnung einer MPU zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis.

Zusatz: Bei wiederholtem Fahren unter Alkoholeinfluss (auch unter 1,6 Promille) oder bei anderen Auffälligkeiten (z. B. Unfall) kann ebenfalls eine MPU angeordnet werden, selbst wenn der Grenzwert von 1,6 Promille nicht erreicht wird.

Diese Werte dienen in der Praxis als klare Grenze zwischen „erlaubt“ und „strafbar“. Besonders der Wert von 1,6 Promille hat im MPU-Kontext große Bedeutung, da er regelmäßig zur Anordnung einer Alkohol-MPU mit Abstinenznachweis führt.

Drogen

Für illegale Drogen gibt es ebenfalls festgelegte Grenzwerte – allerdings nicht als Promilleangabe, sondern meist als Konzentration im Blutserum (in ng/ml). Beispielhaft:

  • THC (Cannabis): 1,0 ng/ml THC im Blutserum = rechtlich relevante Grenze für Fahruntüchtigkeit (§ 24a StVG). Der Nachweis von THC-COOH (Abbauprodukt) allein reicht nicht für eine Strafe, kann aber auf Konsum hinweisen und eine MPU auslösen.
  • Amphetamine, Kokain, Methadon, Benzoylecgonin (Kokainabbauprodukt): Jeglicher Nachweis kann zur MPU führen – konkrete Schwellenwerte orientieren sich an den wissenschaftlichen Empfehlungen der Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie (GTFCh).

Sobald eine dieser Substanzen im Körper nachgewiesen wird – und sei es auch in sehr geringer Konzentration –, kann die Fahrerlaubnisbehörde Zweifel an der Fahreignung äußern und eine MPU wegen Drogen anordnen. Die Grenzwerte dienen dabei zur Beurteilung, ob ein Konsumverhalten verkehrsrechtlich relevant war.

Ergänzung: Die genauen Grenzwerte können je nach Substanz und Analyseverfahren leicht variieren. Aktuelle Richtlinien (z. B. GTFCh oder BASt) sollten konsultiert werden, um die neuesten Schwellenwerte zu bestätigen.

Forensische Grenzwerte bei Abstinenznachweisen

Wenn im Rahmen der MPU eine Abstinenz von Alkohol oder Drogen nachgewiesen werden muss, gelten sogenannte Cut-Off-Werte, die aus medizinisch-forensischer Sicht festlegen, ab welcher Substanzkonzentration eine Probe als „positiv“ gewertet wird. Diese Werte sind nicht gesetzlich geregelt, sondern stammen aus den CTU-Kriterien (Chemisch-Toxikologische Untersuchung) und den Beurteilungskriterien zur Fahreignung – verbindliche Richtlinien, auf die sich alle Begutachtungsstellen stützen.

Die wichtigsten Cut-Off-Werte lauten (Stand 2024, Änderungen vorbehalten – aktuelle Angaben finden sich in den Richtlinien der BASt oder im Laborbefund):

  • THC-Carbonsäure (THC-COOH) im Urin: Cut-Off bei 50 ng/ml.
  • Amphetamine / Methamphetamine: 300 ng/ml.
  • Benzoylecgonin (Kokainabbauprodukt): 300 ng/ml.
  • Ethylglucuronid (EtG) im Urin: 0,1 mg/l (100 µg/l).
  • EtG im Haar: 7 pg/mg – unterhalb dieser Grenze gilt der Nachweis als alkoholfrei.
  • Benzodiazepine, Opiate, Medikamente: Je nach Wirkstoff zwischen 100 und 300 ng/ml.

Diese Grenzwerte sind so gewählt, dass passive Aufnahmen, Umwelteinflüsse oder minimale Rückstände ausgeschlossen werden – es muss also ein tatsächlicher Konsum stattgefunden haben, damit ein Test positiv ausfällt.

Hinweis: Die Cut-Off-Werte können sich mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen oder technischen Fortschritten ändern. Es gibt Diskussionen über niedrigere Nachweisgrenzen für EtG im Urin in speziellen Fällen (z. B. bei Umwelteinflüssen). Aktuelle Laborrichtlinien oder die BASt sollten geprüft werden.

Grenzwerte in der Haaranalyse

Auch bei der Haaranalyse – etwa zur Absicherung einer zwölfmonatigen Abstinenz – gelten spezifische Grenzwerte. Besonders relevant ist hier der EtG-Wert zur Beurteilung des Alkoholkonsums. Wird in der Haarprobe mehr als 7 pg/mg EtG nachgewiesen, gilt der Zeitraum als nicht abstinent, selbst wenn der Konsum nur gelegentlich war.

Darüber hinaus können auch illegale Drogen wie THC, Kokain oder Amphetamine in den Haaren über mehrere Monate hinweg nachgewiesen werden. Die Nachweisgrenze richtet sich je nach Substanz, Haarstruktur, Laborstandard und CTU-Kriterien. Auch bei Haaranalysen gilt: Die Probe muss unbehandelt, nicht gefärbt oder gebleicht sein, um verwertbar zu sein. In solchen Fällen können alternative Proben (z. B. Urin oder Blut) angefordert werden, oder die Analyse wird als nicht verwertbar eingestuft.

Bedeutung der Grenzwerte in der MPU-Praxis

Grenzwerte dienen in der MPU nicht nur der technischen Auswertung, sondern haben direkte Auswirkungen auf die Beurteilung der Fahreignung. Ein Grenzwert wird dabei nicht nur als technische Zahl verstanden, sondern als Indikator für:

  • die Schwere des früheren Konsums,
  • die Notwendigkeit von Abstinenznachweisen,
  • die Einstufung der Konsumform (gelegentlich, regelmäßig, abhängig),
  • die Verlaufsbewertung über mehrere Monate hinweg.

Ein Grenzwertüberschreiten – auch nur einmal – kann bedeuten, dass:

  • eine bereits begonnene Abstinenzdokumentation abgebrochen werden muss,
  • die MPU verschoben oder neu beantragt werden muss,
  • die Fahreignung erneut angezweifelt wird, selbst nach langer Vorbereitung.

Deshalb ist es für MPU-Betroffene essenziell, Grenzwerte zu kennen, zu verstehen und aktiv einzuhalten. Dies betrifft nicht nur Alkohol oder Drogen, sondern auch bestimmte Medikamente, pflanzliche Präparate oder Lebensmittel, die zu Verunsicherungen führen können (z. B. Mohnkonsum bei Opioidnachweisen). Bei Unsicherheiten empfiehlt sich eine verkehrsmedizinische Beratung oder Konsultation eines Fachanwalts für Verkehrsrecht.

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Zusatz: Für Medikamente gibt es keine einheitlichen Cut-Off-Werte. Die Beurteilung hängt von der medizinischen Notwendigkeit, der Verkehrssicherheit und der ärztlichen Dokumentation ab. Betroffene sollten verschreibungspflichtige Medikamente vor der MPU offenlegen.

Fazit

Grenzwerte sind im MPU-Kontext von zentraler Bedeutung. Sie bilden die Grundlage für die rechtliche Bewertung vergangener Verkehrsdelikte und den medizinisch-forensischen Nachweis von Abstinenz. Wer eine MPU bestehen möchte, muss die relevanten Grenzwerte kennen, verstehen – und vor allem konsequent einhalten. Ein positives MPU-Gutachten ist nur möglich, wenn alle laborchemischen Nachweise unter den vorgeschriebenen Grenzwerten bleiben und gleichzeitig ein glaubwürdiges, reflektiertes und dauerhaft verändertes Verhalten erkennbar ist.

Professionelle Unterstützung durch erfahrene MPU-Berater, Verkehrsmediziner oder Fachanwälte für Verkehrsrecht kann dabei helfen, Risiken zu vermeiden – und die Grenzwerte nicht zum Stolperstein auf dem Weg zurück zur Fahrerlaubnis werden zu lassen. Da sich Grenzwerte und Nachweismethoden mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen ändern können, sollten Betroffene stets die aktuellsten Richtlinien (z. B. BASt, GTFCh) prüfen.

Empfehlung: Bei Unsicherheiten zu passivem Konsum (z. B. Cannabis-Rauch) oder spezifischen Substanzen sollten Betroffene frühzeitig Experten konsultieren, um Missverständnisse oder falsche Testergebnisse zu vermeiden.

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