Kriminelle Delikte

Der Begriff „kriminelle Delikte“ ist juristisch nicht eindeutig definiert, wird im MPU-Kontext aber verwendet, wenn Personen durch strafrechtlich relevante Handlungen außerhalb des Straßenverkehrs auffallen – also nicht nur durch Alkoholfahrten, Drogen oder zu viele Punkte, sondern z. B. durch Körperverletzung, Bedrohung, Betrug, Diebstahl oder andere Straftaten, die charakterliche Zweifel an der Fahreignung begründen können.

In solchen Fällen prüft die Fahrerlaubnisbehörde, ob die betreffende Person ausreichend verantwortungsbewusst, regelkonform und kontrolliert handelt, um ein Fahrzeug im Straßenverkehr sicher und ohne Gefährdung anderer führen zu können. Das kann zur Folge haben, dass eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet wird – auch dann, wenn der Verkehrsverstoß selbst eher geringfügig war.

Wann führen kriminelle Delikte zur MPU?

Gesetzliche Grundlage

Die rechtliche Grundlage für eine MPU wegen krimineller Delikte ist § 11 FeV (Fahrerlaubnis-Verordnung). Dort heißt es, dass die Fahrerlaubnisbehörde die charakterliche Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr anzweifeln darf, wenn Hinweise auf ein aggressives, unkontrolliertes oder kriminelles Verhalten vorliegen. Anders als bei Alkohol, Drogen oder Punkten gibt es hier keine festen Grenzwerte – die Entscheidung liegt im Ermessen der Behörde.

Einige typische Anlässe, bei denen kriminelles Verhalten zur MPU führt:

  • wiederholte oder schwere Körperverletzung (auch außerhalb des Straßenverkehrs)
  • Bedrohung, Nötigung oder Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte
  • Raub, Diebstahl, Betrug oder ähnliche Eigentumsdelikte
  • Straftaten mit Bezug zu Drogenhandel oder -besitz
  • Teilnahme an Schlägereien, besonders in Verbindung mit Alkohol oder Aggressionsproblemen
  • Fahren ohne Fahrerlaubnis in Verbindung mit strafrechtlichem Hintergrund
  • Gefängnisaufenthalt oder mehrere Einträge im Führungszeugnis

In all diesen Fällen prüft die Fahrerlaubnisbehörde, ob eine Persönlichkeitsstruktur vorliegt, die mit dem sicheren Führen eines Fahrzeugs unvereinbar ist.

Welche Rolle spielt das Führungszeugnis?

Das polizeiliche Führungszeugnis dient der Fahrerlaubnisbehörde zur Prüfung, ob relevante Straftaten vorliegen. Sind dort schwerwiegende oder wiederholte Delikte vermerkt, kann die Behörde eine MPU anordnen – selbst wenn nie ein Verkehrsverstoß begangen wurde. Auch Einträge, die auf eine aggressive Grundhaltung, mangelnde Impulskontrolle oder Rücksichtslosigkeit hinweisen, werden dabei berücksichtigt.

Ein Beispiel: Wer wegen gefährlicher Körperverletzung oder bewaffnetem Diebstahl verurteilt wurde, aber keinen Führerschein besitzt, kann bei der erstmaligen Beantragung zur MPU aufgefordert werden – zur Abklärung der charakterlichen Eignung.

MPU bei Aggressionsdelikten

Eine besondere Rolle spielen sogenannte Aggressionsdelikte. Wer im Straßenverkehr oder im Alltag durch aggressives Verhalten auffällt, etwa durch Beleidigung, Bedrohung, Nötigung oder Gewalt, wird häufig auf seine Fähigkeit geprüft, Konflikte angemessen zu bewältigen und emotionale Kontrolle zu zeigen. In der MPU wird hier besonders auf folgende Punkte geachtet:

  • Wie wurde früher mit Konflikten umgegangen?
  • Was hat sich seit den Delikten verändert?
  • Wie wird mit Frustration, Stress oder Provokation umgegangen?
  • Gibt es heute noch ein Risiko, dass ähnliche Situationen eskalieren?

In vielen Fällen wird empfohlen, vor der MPU eine Aggressionskontrolltherapie oder psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen – um das Verhalten besser zu reflektieren und glaubhaft zu zeigen, dass eine Veränderung stattgefunden hat.

Ablauf der MPU bei kriminellen Delikten

Die MPU bei kriminellen Delikten unterscheidet sich strukturell nicht von anderen MPUs, ist inhaltlich aber besonders psychologisch geprägt. Es gibt meist keine medizinische Untersuchung oder Leistungstests – dafür aber ein ausführliches psychologisches Gespräch.

Dort wird besonders auf folgende Aspekte geachtet:

  • Einsicht in das frühere Verhalten
  • glaubhafte Erklärung der Motive und inneren Einstellungen
  • stabile Veränderungen im Verhalten und im sozialen Umfeld
  • Distanzierung vom früheren Umfeld oder von kriminellen Mustern
  • Entwicklung von neuen Konfliktlösungsstrategien
  • klare Rückfallprophylaxe

Eine bloße Behauptung wie „Ich bin nicht mehr so“ reicht nicht. Der Gutachter erwartet eine konkrete Auseinandersetzung mit den Delikten, dem eigenen Anteil daran und dem inneren Wandel seitdem.

Wie bereite ich mich auf die MPU wegen krimineller Delikte vor?

Die MPU-Vorbereitung bei charakterlicher Fragestellung ist anspruchsvoll – weil sie tief in die persönliche Entwicklung, Lebensgeschichte und Wertehaltung eingreift. Wer eine solche MPU bestehen möchte, sollte unbedingt professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen. Eine MPU-Beratung hilft, die Straftaten systematisch aufzuarbeiten, Motive zu erkennen und neue Denk- und Verhaltensmuster zu entwickeln. Besonders wichtig sind:

  • Glaubwürdigkeit: Der Gutachter erkennt Ausreden oder Verharmlosungen sofort
  • Reflexion: Warum ist es so weit gekommen? Was habe ich daraus gelernt?
  • Veränderung: Was hat sich konkret seitdem geändert – im Denken, Handeln, Umfeld?
  • Stabilität: Was gibt mir heute Halt und schützt mich vor Rückfällen?

Oft empfehlen Beratungsstellen ergänzend eine soziale Gruppenarbeit, ein Anti-Aggressivitäts-Training oder den Nachweis einer ehrenamtlichen Tätigkeit – als Zeichen für persönliche Reife und gesellschaftliches Engagement.

Fazit

Kriminelle Delikte außerhalb des Straßenverkehrs können erhebliche Zweifel an der Fahreignung begründen – und damit zu einer MPU führen. Im Zentrum steht dann nicht der Substanzkonsum oder das Fahrverhalten, sondern die Persönlichkeit des Betroffenen, insbesondere seine Fähigkeit zur Selbstkontrolle, Konfliktbewältigung und Einsicht. Wer die MPU bestehen will, muss zeigen, dass er sein früheres Verhalten reflektiert, tiefgreifend aufgearbeitet und dauerhaft verändert hat. Eine professionelle MPU-Vorbereitung ist dabei unerlässlich – denn ohne ehrliche Aufarbeitung, Reifeentwicklung und Veränderungsbereitschaft gibt es kein positives Gutachten.

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