Fahreignungs-Bewertungssystem (§ 4 StVG)

Das Fahreignungs-Bewertungssystem, umgangssprachlich oft als „Punktesystem“ oder „Punkte in Flensburg“ bezeichnet, ist ein zentrales Instrument zur Beurteilung der Fahreignung von Verkehrsteilnehmern in Deutschland. Es ist im § 4 Straßenverkehrsgesetz (StVG) geregelt und wird durch das Fahreignungsregister (FAER) beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Flensburg umgesetzt.

Ziel des Systems ist es, Verkehrsverstöße zu erfassen und rechtzeitig auf problematisches Fahrverhalten zu reagieren, bevor es zu einer konkreten Gefährdung der Verkehrssicherheit kommt. Das Bewertungssystem dient also ausdrücklich der präventiven Gefahrenabwehr – nicht der Bestrafung.

Aufbau des Punktesystems

Im Fahreignungs-Bewertungssystem werden nur solche Verstöße erfasst, die rückschließen lassen, dass jemand nicht zum sicheren Führen von Fahrzeugen geeignet ist. Es wird zwischen Ordnungswidrigkeiten und Straftaten unterschieden, die je nach Schwere mit 1, 2 oder 3 Punkten bewertet werden:

  • 1 Punkt: schwere Ordnungswidrigkeiten ohne Fahrverbot
  • 2 Punkte: besonders schwere Ordnungswidrigkeiten mit Fahrverbot oder bestimmte Straftaten
  • 3 Punkte: Straftaten mit Entziehung der Fahrerlaubnis

Die Punkte werden im Fahreignungsregister (FAER) in Flensburg gespeichert und bleiben dort je nach Verstoß zwischen 2,5 und 10 Jahren eingetragen – unabhängig davon, ob der Führerschein aktuell noch vorhanden ist oder bereits entzogen wurde.

Maßnahmen bei steigender Punktzahl

Das System sieht abgestufte Reaktionen vor, abhängig vom Punktestand:

  • 1–3 Punkte: Vormerkung, noch keine Maßnahme
  • 4–5 Punkte: Ermahnung durch die Fahrerlaubnisbehörde (mit Hinweis auf das Fahreignungsseminar)
  • 6–7 Punkte: Verwarnung (erneuter behördlicher Hinweis, dass die Fahrerlaubnis bei 8 Punkten entzogen wird)
  • ab 8 Punkten: Entziehung der Fahrerlaubnis wegen fehlender Fahreignung

Wichtig: Bei Erreichen von 8 Punkten erfolgt der Führerscheinentzug automatisch. In diesem Fall ist eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) zwingend erforderlich, um die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen erneut nachzuweisen.

Möglichkeit zum Punkteabbau

Bis zu einem Punktestand von 5 Punkten kann freiwillig ein Fahreignungsseminar (FES) absolviert werden, um einen Punkt abzubauen. Diese Maßnahme ist einmal innerhalb von fünf Jahren möglich. Ab 6 Punkten ist ein Punkteabbau nicht mehr möglich – ab diesem Zeitpunkt steht die Beobachtung und Verhaltensänderung im Vordergrund.

Bedeutung im MPU-Kontext

Viele MPU-Anordnungen erfolgen nicht wegen eines einzelnen gravierenden Verstoßes, sondern aufgrund mehrerer wiederholter Regelverletzungen, die sich im Punktestand widerspiegeln. Im Gutachten wird dann geprüft, ob der Punktestand Ausdruck von Gleichgültigkeit, Regelverweigerung oder fehlender Selbstkontrolle ist.

Betroffene müssen im MPU-Gespräch wegen Punkten überzeugend darlegen können:

  • welche Ursachen hinter dem Verhalten standen,
  • warum sie wiederholt gegen Regeln verstoßen haben,
  • welche Konsequenzen sie daraus gezogen haben,
  • und wie sie künftig Regelkonformität sicherstellen wollen.

Ein gut aufgearbeitetes Punkteverhalten – idealerweise mit unterstützenden Maßnahmen wie FES oder MPU-Beratung – kann zeigen, dass die nötige Verhaltensänderung bereits eingesetzt hat.

Fazit

Das Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 StVG ist ein zentrales Steuerungselement für mehr Verkehrssicherheit in Deutschland. Es dokumentiert Regelverstöße und macht auffälliges Fahrverhalten sichtbar – lange bevor der Führerschein entzogen wird. Wer frühzeitig reagiert, sein Verhalten reflektiert und die richtigen Maßnahmen ergreift, kann eine MPU vermeiden oder sich gezielt darauf vorbereiten. Entscheidend ist, aus Fehlern zu lernen – bevor es zu spät ist.

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